Seit Mitte Juli arbeiten wir beide nicht mehr in unserem Beruf. Dann haben wir bis Anfang August unser Haus ausgeräumt. Und dann? Viele fragen uns erstaunt: „Seid ihr immer noch da?“
Wir waren für zwei Monate in Bonn in einem Schulungszentrum des deutschen Staates. Dort werden Mitarbeiter/innen, die für Deutschland ins Ausland gehen auf ihren Einsatz vorbereitet. Die Bandbreite ist groß: Man trifft dort Mitarbeiter/innen des Technischen Hilfswerkes oder von Botschaften, verschiedene Wirtschafts- und Umweltberater, Bundeskriminalbeamte, Basisarbeiter, die wie wir direkt mit dem Volk zusammenarbeiten und Personen, die Regierungen oder Ministerien bei Entwicklungsprozessen unterstützen. Auch einen Meeresbiologen haben wir getroffen, der bei einem Kongress in Südamerika moderieren wird. Allein das ist sehr spannend und horizonterweiternd!
Dann kommen dazu die Schulungen: Themen wie Rollenbilder, Diversität, interkulturelle Kommunikation, Umgang mit Stress, Belastungen und Traumata helfen einem, viele Hintergründe zu verstehen.
Dann gibt es spezielle Schulungen für den konkreten Einsatz: Wie kann man Menschen bei einer Entscheidungsfindung unterstützen und beraten (Wolfgang)? Wie können wir dafür sorgen, dass wir als Ehepaar glücklich und gesund mit all den Herausforderungen umgehen können (Annegret)? Wir hatten einen Landesanalyse über Bolivien mit einer bolivianischen Professorin, die uns alles über Land und Leute vermittelte und jede Frage beantworten konnte. Im Learning4Development recherchierten kompetente Personen für unsere zuvor abgesprochenen Wunschthemen und gaben uns Zugang zu Quellen, die wir dann selbständig durcharbeiten und auswerten konnten. In dieser Zeit beschäftigten wir uns mit den unterschiedlichen indigenen Gesellschaften, denen wir begegnen werden, mit der Stellung der Kinder und Frauen in Bolivien, mit den unterschiedlichen religiösen Vorstellungen dort, mit heimischen Heilkräutern, und mit dem Imkern im bolivianischen Tiefland. Das alles werden wir praktisch benötigen!
Dazwischen erlangten wir Grundkenntnisse in der spanischen Sprache – denn wer schulen will benötigt dazu Worte! der Sprachunterricht war sehr anregend – das Vokabellernen sehr anstrengend. Immerhin können wir uns jetzt vorstellen, über alltägliche Dinge sprechen, haben einen Grund-Fachwortschatz und kennen vier Zeitformen!
Wichtig war auch das Sicherheitstraining: Durchgeführt wird es von erfahrenen Personen, vom Militär, Kriseninterventionsbeauftragten oder Psychologen. Man lernt dabei, Gefahren zu erkennen und einzuschätzen, sie vorzubeugen oder zu vermeiden und im Ernstfall geeignet zu reagieren. In unserem Fall haben wir auch unser Equipment aufgestockt: Reisebrandmelder, Schrill-Alarm und Sicherungen für unser Reisegepäck sind dazu gekommen. Außerdem wissen wir jetzt, wie wir mit Straßensperren um gehen sollen.
Insgesamt sind wir sehr dankbar für diese intensive Zeit und fühlen uns jetzt wesentlich bereiter für Bolivien!