Am 15.12.2024 fanden in Bolivien die schon mehrmals verschobenen Richterwahlen statt. Entgegen vielfach geäußerter Befürchtungen, lief dies in Cochabamba sehr ruhig und geordnet ab. Autos und öffentliche Verkehrsmittel durften in der Stadt nicht fahren. Lediglich ein paar Taxis und Privatautos mit gut sichtbaren Sondergenehmigungen waren auf den Straßen unterwegs. Jede erwachsene Person konnte zu Fuß in 10-15 Minuten eine Schule erreichen, in der sie ihre Stimmen abgeben konnte. Dabei durften je eine Frau und ein Mann stadtintern als auch landesweit gewählt werden. Um eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen, wurde diese in Bolivien verpflichtend durchgeführt. Das bedeutet, dass jede Person nach Stimmabgabe ein Wahlkärtchen mit seinem Daumenabdruck erhielt. Dieser Wahlausweis muss in den nächsten drei Monaten vor jedem Bankgeschäft vorgezeigt werden. Sollte er fehlen, muss eine Strafe bezahlt werden. Die Wahlbeteiligung lag landesweit bei 82 %. Allerdings waren mehr als 35% leer oder ungültig ausgefüllt. Trotzdem bezeichnet Präsident Luis Arce die Wahl als „demokratischen Meilenstein“, weil bei den 2011 und 2017 abgehaltenen Wahlen die Zahl der ungültigen Stimmen noch bei knapp 60 % gelegen hat. Ein Problem könnte sein, dass die zur Wahl stehenden Personen von der regierenden Partei zugelassen werden müssen und deshalb überwiegend politisch parteiisch sind. Deshalb könnte es eine Form von Wahlprotest darstellen, wenn Stimmzettel leer abgegeben werden. Allerdings wünschen sich viele jungen Bolivianer/innen mehr Zukunftschancen und Entwicklungsmöglichkeiten für ihr Land und sind bereit, dafür in die Wahllokale zu gehen. Fast aus jeder Familie sind schon mehrere Angehörige nach Argentinien, Brasilien, Chile oder Europa ausgewandert, weil sie beruflich, gesundheitlich oder finanziell keine Zukunftschancen bekommen haben. Es besteht vor Ort die Angst, dass Bolivien das Gleiche blühen könnte, wie Venezuela in den letzten Jahren. Das politische Engagement der jungen Generation in Bolivien ist deshalb besonders wichtig und entscheidend, weil Mitte nächsten Jahres die Präsidentschaftswahl ansteht. Diese wird über die nächsten Jahre, die ideologische und wirtschaftliche Ausrichtung und die Entwicklungschancen dieses Landes entscheiden!
Den autofreien Wahltag nutzten in Cochabamba viele Familien außerdem, um gemütlich auf den Straßen Fahrrad zu fahren, spazieren zu gehen und ein Eis zu essen. Es war ein schöner, gemütlicher und hoffentlich zukunftsförderlicher Tag!