Streiks
Ein politisches Mittel, um seine Ansicht in Bolivien legal zu äußern, sind Streiks. Oft sind diese gewerkschaftlich organisiert und meist geht es um Geldzuschüsse. Die sozialistische Regierung hat in der Vergangenheit viel Geld mit dem Verkauf von Gas und anderen Mineralstoffen verdient. Die Einnahmen wurden dann zum Teil für verschiedene Projekte (z.B. die Prestige-Seilbahn in La Paz), Produkte (starke Subventionierung der Spritpreise …) oder für verschiedene Sektoren (Personenverkehr, Bildung, Gesundheitssystem …) verwendet. Da das Gas jetzt knapp wird und damit weniger Geld zur Verfügung steht, streiken vor der Wahl im August verschiedene Interessensgemeinschaften für mehr Unterstützung. Diese Aktionen werden mit Ort, Zeit und Dauer angekündigt. Sie finden in der Regel friedlich und sozialverträglich statt. In Cochabamba hat die Müllanfuhr 4 Wochen gestreikt bis es zu einer finanziellen Einigung kam. Es gab dabei feste Müllsammelplätze und die Bevölkerung wurde im Vorfeld gewarnt. In Sucre haben wir einen angekündigten Streik der Autobusse erlebt: Morgens konnten alle Händler in die Stadt fahren. Dann gab es eine feste Startzeit, zu der alle Kreuzungen mit Autobussen zugeparkt wurden, sodass man nur noch mit dem Motorrad fahren konnte. Abends löste sich der Streik schnell und geordnet pünktlich zum Feierabend wieder auf. Einmal streikten die Bäcker wegen der gestiegenen Mehlpreise, doch alle konnten sich in den Tagen davor mit Brot eindecken.
Blockaden
Blockaden dagegen sind hier in Bolivien häufig und oft politisch motiviert. Gerade vor den Wahlen haben sie ein schädigendes Maß für die Wirtschaft und den Personenverkehr angenommen. Sie werden meist von Anhängern des ehemaligen Präsidenten Evo Morales errichtet und sollen dazu dienen, ihn illegal wieder an die Macht zu bringen. Diese Blockaden werden nicht angekündigt und legen manchmal Fernstraßen für mehrere Tage lahm. Außerdem sind sie nicht ganz ungefährlich. Deshalb gibt es speziell eine staatliche Störungs-Internetseite (www.abc.gob.bo) für das bolivianische Straßennetz, in der sich Fahrer/innen vor der Reise über Blockaden, Erdrutsche, Überschwemmungen und ähnliches informieren können. Bei unserer Busreise von Sucre nach Santa Cruz sind wir in eine solche Blockade geraten. Der Autobus wollte eine frühere Straßensperre umgehen und fuhr extra eine andere, längere und steilere Route. Aber mitten in der Nacht, um 24 Uhr, wurden wir plötzlich angehalten. Nach einer halben Stunde war klar, Blockierer hatten mit Felsbrocken und gefällten Bäumen die Straße versperrt. Einige rieten zur Umkehr, aber nach Verhandlungen und der Bezahlung eines Durchfahrtsgeldes wurde vereinbart, dass wir nach einer gewissen Wartezeit weiterfahren dürften. Also schliefen alle im Bus ein – nur zwei Personen aus dem Nachbardorf maschierten mit ihrem Gepäck durch die Hindernisse und ließen sich auf der anderen Seite von einem Bekannten abholen und heimfahren. Um 5 Uhr morgens ging es dann weiter. Die Straße wurde für 15 Minuten für die Fahrzeuge, die bezahlt hatten, einspurig geöffnet und danach sofort wieder blockiert. Wir fuhren erleichtert an den grimmig dreinblickenden Männern in Ponchos und Wollmützen vorbei und waren einfach froh, wieder unterwegs zu sein. Auf den steilen und engen Gebirgs-Geröllsträßchen der tropischen Zone saß unser Bus dann einmal auf. Mit Wagenheber und untergelegten Steinen kamen wir wieder frei, hatten dann aber noch eine Reifenpanne. Das Ergebnis der Blockade für uns war, dass wir teurer, einen Tag später (statt 15 Stunden in 25 Stunden in einem Bus ohne Toilette) und wesentlich abenteuerlicher in Santa Cruz ankamen. Zwei Wochen lang herrschte durch diese Blockaden der Ausnahmezustand in Bolivien, so dass schließlich die Polizei einschreiten musste, um sie aufzulösen. Dabei wurden leider etliche Polizisten getötet! Manchmal blockieren aber auch einfache Wegelagerer für ein paar Stunden die Straße, um Passiergeld zu erpressen.
Und die Bolivianer? Einige regen sich auf, aber in der konkreten Situation nehmen sie es gelassen hin – man kann sowieso nichts daran ändern!